Autor trifft Übersetzer: Hernán Ronsino und Luis Ruby
Ein Glücksfall, dass der argentinische Autor Hernán Ronsino 2018 als fünfzehnter Writer in Residence in Zürich zu Gast ist. So war der Weg ins Münchner Literaturhaus für ein vertraulich-vertrautes Wiedersehen des Pampa-Autors mit seinem deutschen Übersetzer Luis Ruby unter der Moderation von Silke Kleemann nicht weit. Hernán Ronsino wurde 1975 in Chivilcoy, einer Kleinstadt in der argentinischen Pampa geboren und studierte später Soziologie in Buenos Aires. Heute unterrichtet er an der Universidad de Buenos Aires und an der Facultad Latinoamericana de Ciencias Sociales.
Angeregtes Frage-und-Antwort-Spiel
Anlass für das angeregte Frage-und-Antwort-Spiel zwischen Autor, Moderatorin und Übersetzer war die jüngste Veröffentlichung von In Auflösung, dem dritten Band von Ronsinos Romanzyklus über die argentinische Pampa. Im Original stand genau dieser Band am Anfang der Trilogie, aber das beeinträchtigt den Lesegenuss der beiden anderen Romane Letzer Zug nach Buenos Aires und Lumbre nicht. Ronsinos ebenso sinnliche wie präzise Schilderungen eines Asados (Grillfest) oder eines Erbes, das aus einer alten Kuh besteht, und des Lebens in der Provinz generell, gesehen oft aus einer Perspektive der Entwurzelung, die sich zwangsläufig viel mit dem Thema Erinnerung und inneren Bildern und Landschaften auseinandersetzt. Ronsino erschafft mit den von ihm verwendeten Mitteln – komplexe Erzählstruktur, starke Mündlichkeit, poetische Sprache – nicht nur ein ambitioniertes, am nouveau roman geschultes Stück Literatur, sondern auch das Abbild einer von Männern und Gewalt dominierten Gesellschaft, deren Dynamik und politische Dimension den Soziologen ebenfalls interessiert.
Vertrauensverhältnis zwischen Autor und Übersetzer
Dem Gespräch von Hernán Ronsino und Luis Ruby war ihre enge Vertrautheit anzumerken, Voraussetzung für eine ideale Zusammenarbeit, bei der der Übersetzer dem Autor viele Fragen stellte, die stets ausführlich beantwortet wurden und wesentlich zum besseren Textverständnis beitrugen.
Auch das Publikum hatte zahlreiche Fragen an Autor und Übersetzer und sparte nicht mit Lob: Eine Dame erzählte, sie habe Ronsinos Bücher bisher in ihrer ausgezeichneten Übersetzung gelesen, jetzt, da sie den sympathischen Autor kennengelernt habe, würde sie alle Titel nochmals im Original lesen.
Alles in allem ein sehr anregender und gelungener Abend.
Carola Fischer